Frankreich: Pflicht zum Abschluss eines Rahmenvertrages bis 1. März ist international zwingendes Recht
Artikel L.441-3 des französischen Handelsgesetzbuches verpflichtet die Parteien einer Handelsbeziehung spätestens bis zum 1. März einen schriftlichen Rahmenvertrag zu schließen. Mit einem Urteil vom 13.12.2024 hat das Verwaltungsberufungsgericht Paris festgestellt, dass diese Vorschrift des französischen Rechts auch dann anwendbar ist, wenn eine Partei ihren Sitz im Ausland hat und die Vertragsbeziehung ausländischem Recht unterworfen wurde.
Die Firma Eurelec Trading, eine gemeinsame Einkaufszentrale der Handelskonzerne E. Leclerc und REWE mit Sitz in Belgien, deren Aufgabe es unter anderem ist, mit französischen Lieferanten Geschäftskonditionen zu verhandeln, wurde im August 2020 von der französischen Behörde für Wettbewerb und Verbraucherschutz (DGCCRF) mit 21 Geldbußen in Höhe von insgesamt 6,34 Mio. Euro belegt, weil sie entgegen Artikel L.441-3 des französischen Handelsgesetzbuches mit 21 französischen Lieferanten nicht bis zum Stichtag des 1. März die vorgeschriebene schriftliche Rahmenvereinbarung geschlossen hatte.
In dem anschließenden verwaltungsrechtlichen Verfahren berief sich die Einkaufszentrale darauf, dass die Verträge mit den Lieferanten dem belgischen Recht unterliegen. Die Pflicht aus Artikel L.441-3 des französischen Handelsgesetzbuches sei daher nicht anwendbar. Zudem trug der Konzern vor, die extraterritoriale Anwendung der Vorschrift verstoße gegen die europarechtliche Niederlassungsfreiheit sowie gegen den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen.
Diese Argumente wurden jedoch vom Verwaltungsberufungsgericht Paris mit Urteil vom 13.12.2024 (Az. 22PA04574) verworfen. Insbesondere stellte das Gericht fest, der Artikel L.441-3 Code de commerce sei eine Eingriffsnorm im Sinne von Art. 9 der Rom-I-Verordnung, die auf alle Sachverhalte anzuwenden ist, die in ihren Anwendungsbereich fallen. Zweck dieser Vorschrift sei es, die Loyalität des Handels sicherzustellen und ein Gleichgewicht in den Beziehungen zwischen Lieferanten und Händlern zu wahren. Die Vorschrift sei daher für die Wahrung des öffentlichen Interesses Frankreichs, insbesondere seiner sozialen und wirtschaftlichen Organisation entscheidend. Da die Waren, um deren Lieferung es im Rahmen der Geschäftsbeziehungen zwischen Eurelec Trading und den 21 Lieferanten ging, für den französischen Markt bestimmt gewesen seien, falle der Sachverhalt in den Anwendungsbereich der vorgenannten Eingriffsnorm.
Bereits vor einigen Jahren hatte der französische Kassationsgerichtshof entschieden, dass das gesetzliche Verbot, einen Geschäftspartner einem erheblichen Ungleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien zu unterwerfen (Art. L 442-1, I-2 Code de commerce) nicht nur eine national zwingende Vorschrift, sondern eine internationale Eingriffsnorm darstellt (vgl. Urt. v. 8.7.2020, Az. 17-31.536).
09.05.2025